Sogar im Konzertsaal liefern Hornklänge immer wieder romantische Assoziationen zu Jagd, Wald und Feld. Es ist aber natürlich besonders schön, echte Naturtöne aus den ventillosen Jagdhörnern auch mal dort zu hören, wo sie ihren Ursprung haben, in freier Natur.
Um sie heute ein Publikum hören zu lassen, muss man diese Instrumente, die ja über Jahrhunderte bis ins jüngste „Vorhandy-Zeitalter“ der Organisation und der Verständigung bei der Jagd dienten, eben in einem „Open Air-Konzert“ vorführen.
Es ist das Verdienst der Jägerinnen und Jäger, die Jagdhornkultur am Leben zu erhalten und ihre Klänge bei festlichen Anlässen zu Gehör zu bringen. Der Kölner Jägerschaft ist es gelungen, durch ihren Obmann für das jagdliche Brauchtum, Hans-Jürgen Henßchen, das ganze bläserische Potential ihrer Hegeringe zu mobilisieren und auf der grünen Wiese zusammenzuführen. Hierzu bietet das Gut Leidenhausen, – bereits ein Sammelpunkt für der Natur verbundene Gruppen dank der Hilfe der „Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Köln e.V.“ – ein hervorragend geeignetes Umfeld. Dort trafen am Nachmittag des 6. Juli nach und nach die Akteure der vier Kölner Jagdhorn-Bläsergruppen ein, und schließlich auch die Zuhörer. Alle noch mit einem sorgenvollen Blick zum Himmel.
Bei den ersten Hornklängen und der Begrüßung der Gäste und der Bläser durch den Initiator, Organisator und Vorsitzenden der Kölner Jägerschaft, Michael Hundt, hatte sich aber schon Optimismus eingestellt. Und im weiteren Verlauf bekam sogar die Sonne die Oberhand. Gute Voraussetzungen für die Korpsleiter, ihre Gruppen vorzustellen und musikalische Beispiele ihres Könnens zu präsentieren!
Den Anfang machte Lukas Sesterhenn, der seit 1997 das älteste Korps („Jagdhorngruppe Köln/Hegeing 7“, gegründet 1955) musikalisch leitet. Es widmet sich seit Jahrzehnten ausschließlich dem Parforcehorn. Ursprünglich am französischen Königshof als Signalhorn für die Hetzjagden zu Pferd entwickelt, wandelte es sich in der Barockzeit über den böhmischen Adel vom scharf klingenden D- zum weicher klingenden Es-Parforcehorn. Aus dem Repertoire der Gruppe, das von der Barockzeit bis ins 20. Jahrhunderts reicht, erklangen auf diesen ventillosen Naturhörnern sowohl überlieferte französische Stücke als auch Beispiele für das deutsche Jagd- und Volkslied.
Danach kamen die in Deutschland seit mehr als hundert Jahren zur Ablauforganisation von Gesellschaftsjagden eingesetzten Fürst-Pless-Hörner zu Gehör. Unter Fürst Pless, dem Oberstjägermeister von Kaiser Wilhelm I, standen, seinem Amt entsprechend, die Signale im Vordergrund. Aber die jetzt auftretenden Bläsergruppen („Bläsergruppe des Hegering Nord-West“, mit Werner Schulze Schwering; „Bläser des jagdlichen Brauchtums“, mit Heinz Janssen; „Horn und Hund“, mit Dr. Johannes Reiß) zeigten in ihren mehrstimmigen Vorträgen die ganze Variationsbreite dieser, in B-gestimmten, heller klingenden Hörner, die hier auch durch einzelne Ventil- und Parforcehörner unterstützt wurden. Ihr durchdringender Sound kann und muss weit gehört werden. So hatten die zahlenmäßig gut aufgestellten Gruppen keine Mühe sich auch gegen den Lärm der Leidenhausen überfliegenden Flugungeheuer durchzusetzen. Sie brachten neben einzelnen Signalen aus dem Register der „Deutschen Jagdsignale“ auch Märsche, Fanfaren und spezielle Kompositionen zur Aufführung, sogar eine eigene eines Korpsleiters (Dr. J. R.)
Nach einer Trink- und Wildbratwurstpause in der Abendsonne begaben sich Akteure und Zuhörer dann zum zweiten, ähnlich gestalteten musikalische Block, in dem die Gruppen weitere Beispiele ihrer Kunst vortrugen. Der musikalische Abschluss erinnerte schließlich nochmals an den ursprünglichen Zweck der Hörner bei der Jagd: Die drei Plesshorngruppen simulierten gemeinsam mit der Ansagerin (Dr. Melanie Tscharnke) den Ablauf einer Treibjagd mit Signalen vom „Aufbruch zur Jagd“ bis zu „Jagd vorbei“ und „Halali“.
Großer Applaus belohnte auch zwischendurch immer wieder die Bläser für das hohe Niveau der musikalischen Vorträge. Und die von den Korpsleitern locker dargebrachten Erläuterungen führten zu einer gelösten, heiteren Atmosphäre auf der Wiese in Leidenhausen. Eine sehr gelungene Veranstaltung, die – dem geäußerten Wunsch des Vorsitzenden entsprechend – das Potential als Anfang einer Tradition hat!
Dr. Erich Graf